Der 56jährige Deutsche Peter Wawerzinek gewann zurecht den Bachmannpreis. Die Österreicher gingen leerer aus als verdient.

“Was machst du gerade, Schatz?“ – „Ach, ich schreibe nur eine Parabel auf meine Generation”. Diesen Dialog wird man in Schriftstellerwohnzimmern niemals hören, denn kein Mensch schreibt Parabeln auf Generationen.

Weil heute die Tage der deutschsprachigen Literaur, vulgo “Bachmannpreis” in Klagenfurt, eröffnet werden, hier ein uralter Text aus dem Jahr 2004, eine Uraltness, die sich durch das lebendige Herumspringen Jörg Haiders im Text schwer verbergen lässt.

Der junge Herr in der dunklen Jacke mit der Mappe unterm Arm drückt auf den Klingelknopf und wartet auf Antwort, sein unsagbar verlorener Blick seitwärts die Promenade hinauf zeigt, dass er jetzt gerne ganz woanders wäre. *Krks*  “Bitte?”, knarzt es aus dem Torpfosten.

“Ja, Grüß Gott, Tele2 Mobilfunk, wir hätten gerne mit Ihnen über unsere Angebote gesprochen”. Ich erinnere mich an ein halbstündiges Abwehrgefecht mit zwei traurigen aber hartnäckigen Tele2-Gestalten an meiner Tür, und mein Mitleid schwindet rapide, aber verstehen kann ich es schon, dass man woanders sein will, wenn man sich gerade in Klagenfurt befindet.

Aber ab und zu zieht einen etwas aus der Hauptstadt hinaus, in Orte, deren Namen sich anhören, als wären sie der Donald-Duck-Übersetzerin und Onomatopöie-Queen Dr. Erika Fuchs beim Besuch eines Sägewerks eingefallen, man denke nur an SCHRUNS-TSCHAGGUNS. Das gibt einem unter anderem Gelegenheit, an der Autobahnraststätte Bad Fischau die von F.Hundertwasser gestaltete “Erlebnis-Toilette” zu besuchen; der erklärte Feind alles Geraden hat sich jedoch nur im Eck unter den Waschbecken getraut, den Fußboden etwas anzuwölben, wohl damit kein übermüdeter LKW-Fahrer erlebnisüberlastet auf die bunten Fliesen knallt.
Danach durchquert man leeres Hügelland mit lustigen Schildern wie “Pinkafeld - schönste Stadt Europas”. Ob in oststeirischen oder südburgenländischen Reiseführern Venedig als “Pinkafeld des Südens” bezeichnet wird?

Eine Ausstellung in der Galerie Westlicht zeigt mit dem Archiv des Fotostudios Simonis einen einzigartigen Querschnitt durch die feine Wiener Gesellschaft der Nachkriegszeit

Als Christof Stein vom Design- und Antiquitätengeschäft Lichterloh 2005 im Auftrag des Dorotheums die Studios des soeben in Konkurs gegangenen Ateliers „Photo Simonis“ in der Währinger Straße 12 besichtigte, kam er aus dem Staunen nicht heraus: Er fand Kulissen mit Stephansdom- und Riesenradmotiven aus den 1950ern; hier waren offenbar alle Requisiten seit Jahrzehnten konserviert worden. Doch das war noch nicht alles. Als ihn die 85-jährige Rosalia Waringer, Lebensgefährtin und Alleinerbin des Firmeneigners Heinz Simonis, ins Archiv führte, sagte sie entschlossen: „Und das, das müssen’s alles vernichten!“

Die Kuranlage aus den 70ern verschwindet, und mit ihr der Name -  im September eröffnet die neue „Therme Wien

Drei Favoritner Frühpensionisten sitzen gemütlich in „Jonny’s Imbiss“ neben der Endschleife des 67er hinter ihrem Milchrahmstrudel, während nur wenige Meter neben ihnen die Presslufthämmer schon dröhnend und staubend an der letzten Substanz der Therme Oberlaa nagen. Vor dem Eingang der Kurkonditorei lugen zwei Burschen durch den Bauzaun und urteilen  anerkennend: „Schaut urscharf aus!“ Scharf sind sie in der Tat, die Kanten der neuen Therme WienMed, die als erster Teil des neuen Thermenkomplexes bereits seit Jänner eckig und luftig aus dem Hang des Laaerbergs ragt. In der „Café-Lounge“ im dortigen Foyer sitzt schon die Vorhut von blondierten Pensionistinnen auf weiß gemusterten Designersesseln in erhabener staubfreier Ruhe vor ihrem Karottenshake und unterhält sich über  Malaisen im Bekanntenkreis.

Am Anfang: Nervenkitzel. Schwierig gestaltet sich das Überleben auf der Schnellstraße von Bratislava nach Banská Bystrica, wo es üblich ist, Kolonnen von mit halben Wäldern beladenen Sattelschleppern zu überholen, um sich bei plötzlich um die Kurve rasendem Gegenverkehr schnell eine Lücke zwischen ihnen freizuhupen. Wir ducken uns brav hinter die fahrenden Baumstämme und warten, bis die Irren ihre Heimatgaragen gefunden haben und die Strassen einsamer und friedlicher werden. Hinter Banská Bystrica weichen die Städte Dörfern aus Holz, Blech und Rauch, und am Waldrand stehen kleine Gruppen von Sinti oder Roma in gemusterten Strickpullovern, die mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck Pilze und Eimer voller Beeren zum Verkauf anbieten. Als Lockangebot haben sie einen besonders formschönen Teaserpilz dabei, den sie, sobald ein Auto naht, mechanisch in die Höhe halten – oder auch ein Pilzimitat aus Plastik, das lässt sich in der Dämmerung nur schwer erkennen.

Eines ist ja wohl klar: Autofahren ist nach dem Einrad für Clowns die zweitdümmste Fortbewegungsart, die es gibt. Die Idee, eine Person von A nach B zu bewegen, indem man ihr mehr als das zehnfache ihres Körpergewichts an Metall- und Elektronikschrott aufbrummt, unschön riechende Flüssigkeiten aus dem Erdinneren heraus und um den Globus pumpt, um sie in diesem Personen-Schrott-Ensemble lärmend zu verbrennen, wird von künftigen Generationen zweifelsohne als Irrweg der Evolution, als peinliche Episode angesehen werden, über die der Mantel des verbrennungsfreien Schweigens zu breiten sei.

Das junge Designduo mischer’traxler erforscht das gestalterische Talent der Natur.

Ein präzise geschweißtes, mannshohes Stahlgerüst. Darin fein austariert aufgehängt, wickeln Spulen dünne Fäden ab, die durch erst in dunkelgrüne Farbe, dann durch Leim getaucht werden, und sich schließlich in changierenden Farbschlieren um einen permanent drehenden Zylinder wickeln. Strahlt die Sonne heller, dreht sich der Zylinder schneller, der Fadenwulst beult aus und wird heller. Das alles obendrein völlig lautlos, da durch Solarzellen angetrieben. Die Besucher der Ars Electronica in Linz verharren staunend vor diesem mysteriösen, und gleichzeitig offensichtlichen Mechanismus, der ein wenig an Versuchsaufbauten im Physikunterricht erinnert.

Die Ausstellung „Balkanology“ im AzW entdeckt den Turbofolk der Architektur in Südosteuropa

Der Balkan beginnt am Rennweg. Falsch. Der Balkan beginnt exakt südlich der Linie Triest-Odessa. Blödsinn. Balkan ist alles zwischen Wien und Athen. Unfug. Oder?