Sie werden als Ausweg aus Krise, Stress und Wohlstandsmüdigkeit angepriesen. Askese statt Luxus! Zurück zur Natur! Doch Tiny Houses sind nichts als eine scheinheilige Lüge. Eine Polemik.
Small-Talk am Rande eines Immobilienevents in Wien. Ein österreichischer Investor berichtet, er sei jetzt in New York in den Markt für Kleinstwohnungen eingestiegen. Dies liege genau im Trend, denn solche Wohnungen, so der Developer, "wollen die Leute jetzt". Ob er das wirklich glaubte, oder ob ihm klar war, dass „die Leute“ nicht aus freien Stücken auf wenigen Quadratmetern hausten, blieb offen. Den Trick, ein Problem als Produkt zu vermarkten, ist jedoch typisch für diese prekären Zeiten.
Das bringt uns zum Thema Tiny Houses. Tiny Houses sind - passend zum Spätkapitalismus – einfach das Letzte. Seit etwa zehn Jahren kann man sich vor Tiny Houses nicht retten, sie sind überall: Tiny-House-Blogs, Tiny-House-Fernsehshows, Tiny-House-Bücher. Sie sind das perfekte Architekturangebot für Ich-AG, Influencer und verschwörungstheorievernebelte Aussteiger.
Natürlich ist es schick, mit Gwyneth-Paltrow-Pose verträumt zu erzählen, dass man sich von der Konsumgesellschaft befreit hat und „irgendwie aufs Wesentliche reduziert, weißt du". Aber das geht nur, wenn man vorher genug hatte, um es wegzureduzieren. Die Askese ist nur eine andere Art von Luxus, mit der bequemen Exit-Strategie, sich nach dem Ende der Tiny-House-Phase wieder neuen Konsumschrott anschaffen zu können. Diejenigen, die aus den Innenstädten vertrieben werden oder die mit Ex-Partnern zusammenleben, weil sich keiner von beiden die Miete nach einem Umzug leisten kann, haben diese Option nicht.