Das soeben eröffnete Tottenham Stadium in London soll das beste der Welt sein. Sagen jedenfalls dessen Architekten
Für die Tottenham Hotspurs wurde es leider auch in dieser Saison nichts mit der Meisterschaft in der Premier League. Daran änderte auch der 2:0-Sieg am 3. April gegen Crystal Palace nichts. Trotzdem war das Spiel für den 1882 gegründeten Nordlondoner Traditionsklub ein Meilenstein: Es war das erste im neuen Tottenham Stadium. Der Vorgänger, die berühmte White Hart Lane aus dem Jahr 1899, war immer wieder adaptiert worden, bis Präsident Daniel Levy beschloss, ihn komplett zu ersetzen – nicht mit einem Neubau am Stadtrand, sondern am selben Ort, mit Platz für exakt 62.062 Zuschauer.
Zwar werden Stadien immer wieder neu gebaut, erst recht in England, wo Oligarchen und Milliardäre besonders viele Oligarchenmilliarden in ihre Vereine pumpen. Da wird gerne mit Superlativen um sich geworfen. Dennoch kommt es nicht jeden Tag vor, dass ein Architekt behauptet, dieses sei das beste Stadion der Welt. Noch dazu, wenn Christopher Lee, der diese Aussage zur Eröffnung tätigte, Partner beim Büro Populous ist, das weltweit (Stand heute) 1325 Stadien in 34 Ländern geplant hat, darunter das Olympiastadion 2012 in London.
Was aber macht ausgerechnet das Spurs-Stadion zur neuen Benchmark? Diese und andere Fragen beantwortete Populous-Architekt Tom Jones, federführend beim Tottenham-Stadion, vor kurzem in Wien auf einer Fachtagung der Internationalen Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen (IAKS) und des Österreichischen Instituts für Sportstättenbau (ÖISS). "Unser Ziel war es, das Stadionerlebnis neu zu definieren," erklärt Tom Jones im STANDARD-Gespräch. Ein Balanceakt dabei: sowohl eingefleischte Fans als auch zahlungskräftige, aber wenig am Mitfiebern interessierte VIPs zufriedenzustellen – eine Kundschaft, für die man bei Manchester United den wenig schmeichelhaften Begriff der "Prawn Sandwich Brigade" erfand.