kolumne

Das Ende des Architektenberufs? Moment! Noch ist es zu früh für Resignation. Denn es gibt viel zu tun.

Wer hat’s gesagt? “Architektur ist ein Beruf, der enorm viel Zeit benötigt. Architektur steht mit einem Bein in einer Welt, die 3000 Jahre alt ist, und mit dem anderen im 21.Jahrhundert. Was wir der Gegenwart anbieten, ist die Erinnerung.“ Wer hier so entspannt in großen Zeiträumen argumentiert, ist erstaunlicherweise der sonst so nervös am Puls der Zeit herumtastende Rem Koolhaas. Wenn so jemand also seinen Kollegen die Rolle der weisen Methusalems zuschreibt, ist das entweder ein beruhigendes Signal für deren Überleben, oder Zeichen einer anschwellenden Irrelevanz. Ist Optimismus oder Pessimismus angesagt? Sind ArchitektInnen Dinosaurier?

Wohnen im Zeichen der Angst: Warum wird eigentlich plötzlich andauernd über das Thema Brandschutz diskutiert?

Es muss jetzt gleich zu Beginn etwas Unangenehmes gesagt werden. Und zwar folgendes: Leute sterben. Es ist unerhört, es ist skandalös, aber es ist so. Bisweilen sterben Leute in Häusern. Gar nicht so selten eigentlich. Das ist nicht lustig. Aber im Rückblick auf die gemeinsame Geschichte von Menschen und Behausungen kommt man zum Schluss: Es lässt sich wohl nicht komplett vermeiden. Nichts gegen das ehrbare Ziel der Risikominimierung, aber man bekommt den Eindruck, das Sterben in Häusern solle komplett und für immer eliminiert werden. Sie ahnen es schon, es geht hier um das Thema Brandschutz.

Fast unbemerkt ist eine noch junge Ikone der Architektur zerstört worden. Kein gutes Omen für das leichte Bauen in Zeiten der Schwere.

Viel zu früh. Das war, auch unter ihren zahlreichen Kritikern, der einige Tenor nach dem unerwarteten Tod von Zaha Hadid. Auf der Höhe ihres Ruhmes, mit so vielen noch unfertigen, ungebauten und unerdachten Bauten im Portfolio. Ein abruptes, hartes Ende für die so vitalen, fließenden und tanzenden Formen.

Bei aller Trauer um den Verlust dieser fast überlebensgroßen Figur, die den Architekturdiskurs der letzten Jahre auch in der Öffentlichkeit bestimmt hatte, war ein anderes abruptes Ende eines Tanzes fast unbemerkt vor sich gegangen. Im Jänner dieses Jahres war Rem Koolhaas' Nederlands Dans Theater (NDT) in Den Haag dem Erdboden gleich gemacht worden, und das im jungen Alter von gerade mal 29 Jahren.

Eines der ersten größeren Werke seines Büros, war das NDT bei seiner Fertigstellung 1987 schon eine Ikone. Eine bunte, metropolitane Collage, spielerisch, provokativ, und frisch wie ein gerade gebackenes Semmerl. Eine Feier der Leichtigkeit, der Veränderung, des Optimismus. Noch dazu war der ursprünglich für die Küstenpromenade vorgesehene Theaterbau äußerst kostengünstig, und der Saal für Tanzaufführungen hervorragend geeignet. In seiner Anordnung war das NDT maßgeschneidert für seinen Ort, und gleichzeitig von Anfang an etwas fehl am Platz in der seltsam formlosen Bürokratiewüste der Verwaltungsstadt Den Haag.

Kolumne "Planpause" in der Zeitschrift der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten Wien, NÖ, Burgenland zum Heftthema "Berufsbild der Architekten 2030".

Gibt es im Jahr 2030 eigentlich noch Architekten? Steigen wir doch einfach mal in die Zeitmaschine und schauen nach.

Dienstag, der 1. Oktober 2030. Katharina, 28, verlässt ihre Wohnung und fährt mit dem Lift ins Erdgeschoss. In der FahrradLounge schließt sie per App ihr eBike auf.  Als sie das Fahrrad auf die Mag.a-Barbara-Prammer-Promenade schiebt, während die morgendlichen Postdrohnen über ihr hinwegsausen, spürt sie das Vibrieren ihres AppleGoogle LifePad 8S: Eine Nachricht ihrer Freundin Yvonne. „Treffen wir uns heute im Deluxe-Beisl am Donaukanal? Bin 19 Uhr dort“. Katharina seufzt. Die Vorliebe ihrer ehemaligen Studienkollegin für die teuren Bars am Kanal ist eine ziemliche Überforderung für ihren Geldbeutel. Aber gut, Yvonne arbeitet als Feng-Shui-Consultant für eine große amerikanische Wirtschaftsprüfungsfirma und fährt jedes Jahr zur auf Firmenkosten für 4 Wochen zur Fortbildung nach Bali.

Eigentlich, überlegt Katharina, als sie auf dem Radweg am Professor-Hans-Hollein-Hof vorbeisaust, sind die meisten ihrer Mitstudenten mehr oder weniger Consultants. Das Studium war viel zu kurz, um  zum Generalist zu werden, und für solche gäbe es ohnehin praktisch keine Jobs. Seit der letzten großen EU-Novelle ist es nur noch für sehr große Büros überhaupt möglich, alle Leistungen unter einen Hut zu bringen. 

Lektionen aus Venedig: Wenn es um die Zukunft geht, denken wir immer noch an die 60er Jahre. Denn selbst alte Utopien scheinen verlockender als die Gegenwart. 

Mehrstöckige Wohn- und Arbeitsmaschinen, kilometerlang über der Landschaft, modulartig angedockt an massive Betontürme. Es ist schon erstaunlich: Wenn Studenten heute mit ihren Entwürfen richtig visionär und futuristisch werden dürfen, greifen sie in der Regel entweder zur gemorphten Landschaft oder tief ins Repertoire der 1960er Jahre. Auch nach 50 Jahren scheinen die Bildnarrative von Superstudio, Archigram und den japanischen Metabolisten nichts von ihrer Faszination und Glaubwürdigkeit verloren zu haben. Auch wenn die Plug-in-Cities dieser optimistischen Zeit praktisch nie (oder nur einmal und dann nie wieder) eingepluggt wurden, projiziert man auch heute noch Zukunftshoffnungen in sie. Und sei es nur die Hoffnung, mit gebauter Architektur automatisch neue Gesellschaften und Menschen herbeizaubern zu können.

Muss Architektur politisch korrekt sein, oder ist sie per se politisch zahnlos? Über die Moral des Bauens, zwischen Stars und Favelas.

"Die wollen sich doch nur bereichern!" Es ist eine immer wieder erstaunliche Tatsache, dass kaum eine Berufsgruppe diesen stereotypen Vorwurf so oft zu hören bekommt wie die Architekten. Selten hört man, dass Klempnern, Friseuren, Unfallchirurginnen oder Taxifahrerinnen hämisch nachgesagt wird, sie würden das, was sie tun, nur des Geldes wegen tun. Selbst den in Boni badenden Bankern wird ihr schwindelerregender Reichtum bei mancher Mißgunst noch nachgesehen, wohl weil der Laie nicht zugeben will, dass er nicht ganz versteht, was die Bonibanker eigentlich tun. Bei den Architekten glaubt er dies sehr wohl zu wissen, und paart den Bereicherungsvorwurf gerne mit dem der "Selbstverwirklichung", offenbar etwas furchtbar Verwerfliches.

Entweder Dienstleister mit Bezahlung oder Künstler, dann aber bitte umsonst? Die wenigen vielbezahlten Künstlerarchitekten kamen bisher dank Glam-Faktors meist glimpflich davon. Nicht mehr, wie der Fall Zaha Hadid zeigt. Die Fragen nach den Zuständen im Umfeld des Bauens, von den Baustellen in Katar über Land-Grabbing in Afrika und Zerstörung von Stadtstrukturen in China werden lauter. Nein, die Stars sind hier nicht schuldiger als die anderen, doch wenn gerade sie beteuern, man sei eh das schwächste Zahnradl in der Maschine und man könne ja leider, leider eh nicht, selbst wenn man wollte, klingt das etwas schief.

Das Projekt Danube Flats auf der Donauplatte zeigt, wie in Wien Hochhäuser ohne Rücksicht auf Masterpläne aus dem Nichts auftauchen.

An kaum einem Ort lässt sich die die Funktionsweise und das Verständnis von Stadtplanung der letzten Jahre in Wien so deutlich ablesen wie auf der Donauplatte. Kaum mehr als 30 Jahre alt, wird einem hier auf dem dick betonierten Silbertablett eine wahre Archäologie von Ambitionen präsentiert. Ein Sammelsurium von Ansätzen, ein Friedhof für Masterpläne.

Der Streit zwischen Wolf Prix und David Chipperfield lässt vermuten, dass unsere Denkweise auch in globalisierten Zeiten noch lokal geprägt ist.

Es war irgendwann in der Mitte der 90er Jahre, als der damals frisch zum Jungstar avancierte Greg Lynn im Audimax einer deutschen Universität sein neuestes Projekt vorstellte. Lynn erklärte sein parametrisches Design, das durch in den Computer eingespeiste Umweltfaktoren, automatisch in permanenter Veränderung begriffene dreidimensionale Formen generierte. So etwas hatte man damals - Zaha Hadid hatte gerade mal ihr Vitra-Feuerwehrhaus vorzuweisen - noch nie gesehen. Der vollbesetzte Hörsaal lauschte fasziniert. Wie er nun auf die endgültige Form gekommen sei? Nun, erklärte Lynn fröhlich, er habe einfach in dem Moment auf "Stopp" gedrückt, in dem ihm die Form gefallen habe. Und genau so solle das nun auch gebaut werden.

Nicht nur der Jurist liebt Kauderwelsch: Auch Architektenlatein kommt anderen oft spanisch vor. Und bedeutet manchmal - nichts.

Das Juristendeutsch wird oft und gerne geschmäht, wenn es im Dienste der unmißverständlichen Präzision zu hermetischen, aufgequollenen Satzungetümen führt. Die Buchhandlungen halten Wörterbücher Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt und Humoristisch-Augenzwinkerndes zum Thema bereit. Das ist das berüchtigtste Beispiel, doch auch andere Disziplinen haben ihren Jargon, der für andere zur Fremdsprache wird.

Städte sind nicht nur materielle, sondern auch intellektuelle Ressourcen. Doch welche Idee von Stadt hat die Smart City Wien eigentlich? Und wie sieht sie aus?

Eine einstündige Führung durch das MediaLab am MIT in Cambridge, Massachusetts, und man ist restlos bedient und hängt ehrfurchtsvoll erschöpft in der Ecke. “Aha! Hier wird also alles erfunden, was es auf der Welt gibt”, denkt man, überwältigt von der Konzentration von Forschung, Innovation, Ideen, und natürlich auch sehr, sehr viel Geld auf erstaunlich winzigem Raum. Roboter hier, intelligente Textilien da, und ganz hinten die Abteilung Senseable Cities, die der vernetzten Stadt der Zukunft auf der Spur ist. Kein Wunder, dass das MIT im Times Higher Education World Reputation Ranking 2012 auf Platz 2 hinter Harvard gereiht wird. Die Wiener Hochschulen sind, wie hierzulande schlagzeilenträchtig bemerkt wurde, aus den TOP 100 herausgefallen.