Ganz Deutschland ist in Aufregung, weil ein Hamburger Stadtbezirk keine neuen Einfamilienhäuser zulässt. Spinnen unsere Nachbarn? Nicht ganz, denn kaum eine Wohnform wird so leicht zum Spielball der Weltanschauungen wie das Eigenheim.
Als Michael Werner-Boelz vor genau einem Jahr Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord wurde, kündigte er als erstes seinen Dienstwagen. Eine programmatische Ansage für den grünen Politiker, und nicht die einzige. Denn der grün-rote Bezirks-Koalitionsvertrag vom Oktober 2019 kündigte an, die „wertvolle Ressource Boden effizient zu nutzen“ und in neuen Bebauungsplänen keine Einfamilienhäuser mehr auszuweisen. Was auf heftigen Widerspruch der bürgerlichen CDU gestoßen war: „Einfamilienhäuser kategorisch auszuschließen, ist weder nachvollziehbar noch vertretbar,“ so deren Abgeordneter Jörg Hamann. Stattdessen solle man Hamburgs Familien „endlich den Traum vom Eigenheim ermöglichen“.
So weit, so normal. Wo sich Bezirks-, Partei- und Wohnbaupolitik begegnen, ereignen sich solche Diskussionen jeden Tag. Doch für Medien, die man früher konservativ nannte, ist das Wort „Verbot“ wie ein Schrank voller Süßigkeiten: zu verlockend, um nicht immer wieder zuzugreifen. Auch wenn das Haltbarkeitsdatum der Zuckerl schon lange abgelaufen ist.