Warum werden Städte von New York bis Berlin unleistbar teuer? Der Film "Push" zeigt, wie eine UN-Botschafterin die Hintergründe aufdeckt
Toronto. Kleine Wohnung, kleine Küche. Das Fenster schließt nicht, das Wasser leckt. Reparaturen: Fehlanzeige. Die neuen Besitzer des Hauses sind anonym, niemand hat sie gesehen. "Könnte Frosty, der Schneemann sein", sagt der Mieter mit traurigem Sarkasmus. Doch sie haben Spuren hinterlassen: ein halbes Dutzend Überwachungskameras – und eine drastische Mieterhöhung.
Berlin. Der bullige Kiez-Bäcker im Dialog mit dem jungen Baustadtrat Florian Schmidt. Die Miete für den Laden ist drastisch erhöht worden. Der Stadtrat versucht, Hoffnung zu wecken. Der Bäcker sieht keine Chance. Aber er will trotzdem kämpfen.
Seoul. Ein Mann berichtet, wie sie kamen, ihn verprügelten und seine Frau traten, um sie aus ihrem Haus im Stadtzentrum zu vertreiben. London. Die Brandruine des Grenfell Tower. Viele Überlebende sind fast zwei Jahre später immer noch ohne dauerhafte Bleibe. Wenn sie eine bekommen, wird sie vermutlich nicht mehr hier sein. Das multikulturelle Viertel, in dem man sich vom Sehen kannte, ist heute Premium-Lage. "Sie haben gesagt, wer sich London nicht leisten kann, soll halt woanders hinziehen", schnaubt der Londoner, der sich gerade über seine Motorhaube beugt. "Die spinnen wohl!" Es ist in allen Städten dasselbe Phänomen: Der sicher geglaubte Lebensraum wird den Menschen unter den Füßen weggezogen.
Eine kleine Frau mit wachen Augen hört diesen Menschen zu, macht sich Notizen, fragt nach. Ihr Name ist Leilani Farha. Die Kanadierin ist UN-Sonderbotschafterin für angemessenes Wohnen. Push heißt der Dokumentarfilm des schwedischen Regisseurs Fredrik Gertten, der sie dabei begleitete. Farha versucht zu verstehen, was hier passiert, warum es überall gleichzeitig passiert und was dahintersteckt. Also fragt sie Experten wie den Nobelpreisträger Joseph Stiglitz oder die Soziologieprofessorin Saskia Sassen. "Dass die Mieten steigen, ist ein Mechanismus, den jeder versteht", sagt Sassen. "Aber dann kommt jemand anderer ins Spiel: Ein Monster, das niemand sieht, dessen Sprache niemand versteht. Also fragt man sich: Wer ist dieses Monster?"