Wie es "uns" gefällt: Stadträtin Ulli Sima und die Architektur

Dass die Aussagen von Umweltstadträtin Ulli Sima im Falter-Interview letzter Woche zum Thema Architekturwettbewerbe tätigte, auf herbe Kritik stoßen würden, war abzusehen. Architekturwettbewerbe seien teuer, so Sima, es würden „viele Architekten zum Zuge kommen“, und womöglich wählte die Jury einen Entwurf, der „uns als Bauherr“ dann gar nicht passe. Einen Tag später antwortete die Architektenkammer mit einer Aussendung: Es gebe hier wohl ein grundlegendes Missverständnis, was Öffentlichkeit und Architekturwettbewerbe beträfe. Die Stellungnahme hätte schärfer sein können, denn bei Simas Bemerkung, „wir als Bauherr“ hätten ein missliebiges Wettbewerbsergebnis „dann einfach nicht umgesetzt“, muss man sich schon ungläubig an den Kopf fassen.

Öffentliche Wettbewerbe macht man schließlich nicht aus Spaß, und man kann ihre Ergebnisse auch nicht wie ein Spielzeug wieder in die Ecke werfen. Eigentlich. In der Praxis geschieht dies leider oft genug, obwohl Wettbewerbe vom Bundesvergabegesetz genau geregelt werden. Noch dazu schreiben die 2013 von der Stadt Wien beschlossenen baukulturellen Leitsätze Qualität und Transparenz ganz groß. Sie machen auch klar, welche Funktion Wettbewerbe erfüllen und warum ein Bauherr eine unabhängige Jury nicht wie ein beleidigter Monarch überstimmen sollte.
Diese Leitsätze sollten alle Angestellten der Stadt Wien verinnerlicht haben. Nun gut, Frau Sima ist erst seit 12 Jahren Stadträtin, vielleicht hat sie das nicht mitbekommen. Die Architektur fällt ja schließlich auch nicht in ihr Ressort. Vielleicht war es ihr einfach egal, vielleicht war es ein bewusstes Kokettieren mit dem Klischee der „sich selbstverwirklichenden“ Architekten, das beim Volk ja immer gut ankommt. Es geht hier auch gar nicht um das Seelenheil der Architekten, sondern um eingrundlegendes Selbstverständnis von Volksvertretern. Es ist ein sehr österreichisches Symptom, das Regierungsgeschäft als Privatsache und jedes öffentliche Nachfragen nach dem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeld als persönlichen Angriff anzusehen.
Insofern wäre es auch interessant, zu erfahren, wen genau Frau Sima meint, wenn sie „Wir“ sagt. Öfters bereits stand sie in der Kritik, weil ihre Auftragsvergaben nicht transparent waren, etwa beim Verein „Freunde der Donauinsel“, der personell mit der ihr unterstehenden MA45 verflochten ist. In Simas „Wir“ scheint das Gemeinwohl nur nur bedingt enthalten zu sein.

 

Erschienen in: 
Falter 39/2016, 28.09.2016