Im Phil stellte Falter-Autor Tex Rubinowitz sein neues Reisebuch "Rumgurken" vor. Ohne Gurken, ohne Rum, mit Musik.
Die Gurke: Anlass für Streit, Anlass für Verwirrung, Anlass für heiße Diskussionen. Ist sie Frucht, Gemüse, oder keins von beiden, eine elegante Verwandte aus der Kürbisfamilie oder nur eine öde Stange voller Wasser? Keine dieser Fragen wurde am Sonntagabend im Phil beantwortet, denn Falter-Zeichner Tex Rubinowitz leitete die Präsentation seines brandneuen Reisebuches "Rumgurken" mit der in autoritärer Bestimmtheit vorgetragenen Bemerkung ein, dass Gurken weder Thema des Buches noch des Abends seien, ebensowenig wie die Spirituose im ersten Teil des Titels.
Das lakonische "Rumgurken" bringt vielmehr die Rubinowitz'sche Art des Reisens auf den Punkt, ein von Neugier, Zufall und Schmerz getriebenes Hierhin und Dorthin, mit Finnland, Japan und Portugal als schwermütigen Schwerpunkten. Im Finnland-Kapitel des Buches hatte der Autor sich in Helsinki mit dem in Japan residierenden schottischen Musiker Momus getroffen, und genau dieser spleenige Schrat mit der Augenklappe war als Stargast des Abends angekündigt, seine Maschine aus Osaka jedoch verspätet. Momus-Groupies, die verstohlen um den Untergumpendorfer Häuserblock schnürten, hätten enttäuscht weggeschickt werden müssen, wären solche vorhanden gewesen.
Eingeflogene Gäste und Japan fehlten dennoch nicht. Rowohlt-Lektor Marcus Gärtner kam extra für den Abend aus Berlin angereist und räkelte sich erwartungsfroh im Lederfauteuil aus der phil-Möbelabteilung. Eine japanische Museumskuratorin wiederum war Hauptfigur in der langen, windungsreichen und einzigen Reisegeschichte, die Rubinowitz vortrug. Dazwischen fanden Hallstatt, hartgekochte Eier, nervtötende Telefonierer in der Bahn sowie Sperma Erwähnung, am Ende versanken zwei bemalte Türen im koreanischen Meer.
Mehr Themenfülle kann man von einer Lesung wirklich nicht erwarten, das Publikum war glücklich, der Lektor strahlte, und auch das mit Kamera und Mikro um den Lesetisch herumhüpfende Seitenblicke-Team vom Fernsehen war zufrieden. Allein der bestellte Tontechniker musste sich vor Veranstaltungsbeginn entschuldigen, ein Notfall, sein Katze habe einen Buntspecht gefangen, es müsse akut vogelrettend eingegriffen werden. Er kam nicht wieder und verpasste so den Ausklang mit den Doo-Wop-Singles, die der Autor auflegte, und denen als wichtigstes Reisegepäck ebenfalls eine tragende Rolle im Buch zukommt. Falls im Publikum doch noch Rum oder Gurken thematisiert wurden, ging dies im Summen der Supremes unter, Momus blieb verschollen, und dem Buntspecht geht es, wie man hört, inzwischen den Umständen entsprechend gut, er landete in der Badewanne.
(erschienen im FALTER, Heft 23, 6.6.2012)