Die Ausstellung "Bauen mit Holz - Wege in die Zukunft" im Wiener Künstlerhaus
Wien - Ein frischer Wind aus den Wäldern weht zurzeit durchs Künstlerhaus. In den Sälen türmen sich Stapel aus Fichtenholz, die Wände sind mit sägerauen, leicht duftenden Brettern verkleidet. Schon bevor man die Ausstellung Bauen mit Holz - Wege in die Zukunft genauer unter die Lupe nimmt, fällt auf, wie fremd das Thema im massiv geziegelten und betonierten Wien wirkt. So leicht ist es, hier die Architektur aus dem Rohstoff Holz aus dem Auge zu verlieren, dass die Ausstellung an sich schon ein hochnotwendiger Wink mit dem sauber gedrechselten Zaunpfahl ist.
Dabei ist Österreich ein Holzland, wie proHolz-Geschäftsfüher Dieter Kainz betonte. Technologisch ist man weltweit vorn dabei, doch in den hehren Hallen der Architektur wird das schulterzuckend übergangen, auch wenn Regionen wie Vorarlberg und Tirol seit Jahren Anerkennung für ihre innovativen Bauten genießen. "Die moderne Architektur hat dieses Material schlicht vergessen. Es gibt keine Ikone der Architekturgeschichte aus Holz", sagt Architekt Hermann Kaufmann, der die Ausstellung kuratiert hat. Der Balanceakt, die Holzbauarchitektur aus der Ökotüftler-Ecke zu holen, ist geglückt: Neben grafisch übersichtlich aufbereiteten Daten über die wirtschaftlichen und klimatischen Vorteile des Materials gebührt der übrige Raum den 50 ausgewählten Projekten.
"Beim Konzept der Ausstellung stand die Ästhetik im Vordergrund. Wir wollten nur schöne Gebäude zeigen!", so Kaufmann. Unter den internationalen Beispielen finden sich Bauten aus Indien, Japan und Südkorea, der Fokus liegt jedoch eindeutig auf den Hochburgen Österreich, Schweiz und Süddeutschland. Einfamilienhäuser wurden bewusst außen vor gelassen, denn das kennt man. Heute geht es an neue Grenzen: vor allem in die Höhe, wie beim 27 Meter hohen in Holz-Hybrid-Bauweise errichteten Life Cycle Tower in Dornbirn. "Es ist konstruktiv ohne weiteres möglich, 20 bis 30 Geschoße in Holz zu bauen", sagt Kaufmann.
Dass Holz auch jenseits des Bergstüberlklischees dank der taktilen Qualitäten seiner Oberflächen als heimelig empfunden wird und der Plastik-Silikon-Architektur in puncto Gesundheit und Klimaschutz überlegen ist, überrascht zwar niemanden, ist aber in Erinnerung zu rufen. Wie die Ökobilanz fünf ausgewählter Projekte in der Ausstellung zeigt, lassen sich durch Holzbau gut 70 Prozent an Primärenergie und CO2 einsparen.
Wenn darüber hinaus noch so spektakuläre Räume wie Toyo Itos riesige Holzkuppel des Odate Jukai Dome Park oder die mit EDV und Hirnschmalz ausgetüftelte und sinnlich überzeugende Neue Monte-Rosa-Hütte im Schweizer Hochgebirge entstehen, lohnt es sich, die Produkte der gut gefütterten Zementindustrie zumindest für die Dauer eines Spaziergangs durchs Künstlerhaus zu vergessen. "Die Frage nach den Rohstoffen der Zukunft wird die nächsten 15 Jahre dominieren", prophezeit Kurator Hermann Kaufmann. "und gerade Österreich hat hier ein gewaltiges Potenzial."
(erschienen in: Der Standard, 18.12.2012)